Im Jahr 1913 reiste der „Afrikaforscher“, Großwildjäger, Lieferant von afrikanischen Wildtieren und Filmemacher Hans Schomburgk mit der Schauspielerin Meg Gehrts durch die damalige deutsche „Musterkolonie“ Togoland, drehte einen Abenteuerschinken, EINE WEISSE UNTER KANNIBALEN, und nahm zahlreiche dokumentarische Kurzfilme auf. Jürgen Ellinghaus hat die erhaltenen Filme zusammengetragen und reist auf Schomburgks Spuren durch das heutige Togo und Ghana, um die Filme an den Drehorten vorzuführen. Ellinghaus filmt die Gespräche während und nach den Vorführungen, ergänzt aus dem Off Informationen über die Kolonialgeschichte, außerdem verliest eine Sprecherin Auszüge aus dem Tagebuch von Meg Gehrts, die zwischen vagem Mitgefühl und brutaler rassistischer Arroganz pendeln: „Der Eingeborene ist von Natur aus unfähig vorauszuschauen“.

Viele Dorfbewohner*innen, denen Ellinghaus Schonburgks Filme vorführt, sind zunächst peinlich berührt. Immer taucht die Frage auf, warum die Vorfahren nackt oder fast nackt sind. Ältere erinnern sich an Erzählungen ihrer Großeltern, von der Zwangsarbeit an einer riesigen Funkstation in Kamina, von Schlägen, Verschleppung und Gefangenschaft in Ketten, die auch in den Filmen zu sehen sind. Dabei scheint das offizielle Image der deutschen Kolonialzeit in Togo eher positiv zu sein. Kinder lernen in der Grundschule den Namen des deutschen Generalkonsuls und das Datum der Unterzeichnung des „Schutzvertrags“. Am Volkstrauertag werden die deutschen Gefallenen der Kolonialkriege geehrt. Erst in einem Gespräch mit jungen Intellektuellen in Lomé gegen Ende des Films stellen die Diskutierenden die offizielle Version der Kolonialzeit in Frage. Ellinghaus‘ Film hätte eine engere Zusammenarbeit mit Historiker*innen aus Togo gutgetan.

Tom Dorow