Mit seinen alternden Stars geht das französische Kino pfleglich um, findet immer wieder Paraderollen für sie. In LIEBESBRIEFE AUS NIZZA von Ivan Calbérac sind es Sabine Azéma und André Dussolier, die als das nach 50 Ehejahren ein wenig müde gewordene Ehepaar Mersault die Lust an komischer Übertreibung ausleben können. Er, François, ist General im Ruhestand. Seine Ruhe wird jäh gestört, als er beim Aufräumen Briefe findet, die ein gewisser Boris an des Generals (damals noch Oberleutnants) geliebte Gattin Annie schrieb. Das ist zwar schon sehr lange her, aber trotzdem unverzeihlich und muss gerächt werden.
François also nimmt, um seiner und überhaupt aller Männer und Soldaten Ehre Willen, den Kampf gegen den Rivalen von einst auf, grimmig entschlossen, aber mit untauglichen Mitteln, ob mit Gartenschaufel, MG oder Schaschlickspießen.
Untauglich auch, weil dieser Boris ein sehr zuvorkommendes Wesen ist, gastfreundlich, stets lächelnd und immer noch gut für einen Seitensprung – oder wenigstens einen beherzten Sprung, nackt, in den lockenden Swimmingpool. François muss kapitulieren, hisst die Versöhnungsfahne und schluckt tapfer auch noch andere familiäre Kröten.

Und so finden, nicht überraschend, am Ende alle Mersaults, Kinder und Kindeskinder inklusive, friedlich zusammen, um Annies Geburtstag zu feiern. Diese Mal ohne Absingen der Marseillaise – schließlich sind auch Generale a.D. lernfähig. Damit aber das Ganze nicht in der süßen Himbeersauce einer Sommerkomödie ertrinkt, nimmt der Film dann doch noch eine hübsche Wendung. Der Kampf kann weitergehen.

Elisabeth Bauschmid