Neue Notiz
Boléro
Maurice Ravel und kluge Frauen
In Anne Fontaines Biopic über Maurice Ravel und seine Komposition des Klassik-Hits „Bolero“ geht es um die Geräusche, Klänge und Erinnerungen, die sich zum Werk fügen müssen.
14 Minuten, 20 Sekunden dauert der Boléro von Maurice Ravel. Anne Fontaine braucht für ihren Film BOLERO zwei Stunden, die nicht zu lang sind. Zum einen, weil diese 300 Takte Musik sich erst aus Geräuschen, Klängen, Erinnerungen zu einem Ganzen fügen müssen. Was auch komisch ist. Denn der Einzige, der nicht weiß, was gespielt wird, ist der Leinwand-Ravel (Raphael Personnaz), während kaum jemand im Kino den hämmernden Rhythmus dieses Klassikhits nicht mitklopfen könnte. Zum anderen, weil in der Zeit, als Ravel den Bolero niederschrieb, sich schon die ersten Anzeichen einer tödlichen Nervenkrankheit abzeichneten, verbunden mit der Unfähigkeit, Melodien oder Rhythmen zu erkennen.
Dass Ravel sehr gut aussah, dass er Klasse hatte, tut dem Film gut. Alles (fast) hat hier Klasse: die Landschaft, die Räume, die extravagante Garderobe der Damen, die amüsanten Plaudereien mit klugen Frauen. Die hatten, außer der Mutter, für das Gefühlsleben Ravels nur geringe Bedeutung. Für das Gelingen des Bolero jedoch, für die Komposition wie für den Film, sind sie entscheidend: Die fürsorgliche Haushälterin; die mit wohlwollender Kritik den scheuen Künstler bemutternde Pianistin Marguerite Long; die großherzige und beste Freundin Misia. Mit liebenswürdigem Spott flirtet sie Monsieur Ravel an, versucht, diesen Rühr-mich-nicht-an aus der Reserve zu locken. Nur beinahe küsst er sie. Schließlich die Tänzerin Ida Rubinstein, welche die Komposition bei Ravel bestellt hatte, Mit der Uraufführung 1928 verhalf sie ihm zum Welterfolg, weil sie, was von seinem Schöpfer als Maschinenmusik imaginiert war, zu dessen Entsetzen doch publikumswirksam sexualisierte zu einer drittklassigen Performance. Erotisch, gar lasziv? Ach was. Hausgemacht bieder. Aber im Film wenigstens nur fünf Minuten lang.
Originaltitel: Bolero
Frankreich 2024, 120 min
Sprache: Englisch, Französisch
Genre: Drama, Biografie, Musikfilm
Regie: Anne Fontaine
Drehbuch: Anne Fontaine, Claire Barré
Kamera: Christophe Beaucarne
Schnitt: Thibaut Damade
Musik: Bruno Coulais
Verleih: X Verleih
Darsteller: Raphaël Personnaz, Doria Tillier, Jeanne Balibar, Emmanuelle Devos, Vincent Perez
Kinostart: 06.03.2025
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